Frederick
Louis "Fritz" Maytag III wird heute als einer der Väter, wenn nicht
sogar als DER Vater der amerikanischen
Microbrewery bzw. Craft Beer Szene
gesehen. Er hat eine ganze Generation
von Craft Brauern nachhaltig inspiriert. Wie kam es dazu? Im Jahre 1965 sass
der 28 jährige Fritz mal wieder an der Bar seiner Stamm Pizzeria in San
Francisco und trank sein Lieblings Bier. Der Wirt sagte irgendwann zu ihm, dass
er noch ein paar Tage Zeit hätte diese Bier zu trinken, denn die Brauerei sei pleite
und würde kommenden Freitag schliessen. Fritz bezahlte und machte sich direkt
auf den Weg zur Anchor Brewing Company, die sich ein paar Blocks weiter befand.
Er sprach mit den Besitzern und entschied noch am selben Tag die Brauerei zu
kaufen und somit vor der Schliessung zu retten. Folgende Umstände begünstigten
dieses Unterfangen: Fritz befand sich zu der Zeit sowieso auf der Suche was er
sinnvolles aus seinem Leben machen könnte und auf der anderen Seite hatte er
das entsprechende Kapital zur Verfügung da er aus der amerikanischen
Waschmaschinen Dynastie Maytag stammt. Er verkaufte seine Aktien Anteile an der
Maytag Inc. und investierte das Geld in die Brauerei.
Was machte
Anchor so besonders? Die Brauerei wurde
1896 von einem deutschen Einwanderer gegründet und braute damals ein in
Kalifornien sehr populäres Bier das heute als eigener kalifornischer Stil
betrachtet wird: das Steam Beer. Dabei handelt es sich um einen Hybrid, bei dem
Lager Hefe (untergärige Hefe) verwendet
aber bei Ale üblichen Temperaturen vergoren wird (Lager wird normalerweise kalt
vergoren). Das gibt ein recht Charaktervolles Bier. Der Stiel wir heute als California
Common Beer bezeichnet und erfreut sich im heutigen Craft Beer Zeitalter in
Kalifornien wieder zunehmender Beliebtheit.
Auf jeden Fall war die Brauerei recht erfolgreich bis 1919 die
Prohibition in Kraft trat. Es ist nicht übermittelt was die Brauerei bis Ende
der Prohibition (1932) machte allerdings nahm sie die Brautätigkeit wieder auf.
Nach dem 2. Weltkrieg begann dann die Industrialisierung im Brauerei Gewerbe,
angeführt von den „Anheuser- Busch’s“, „Miller‘s“ und „Coor’s“ Amerikas. Es
wurde auf rundgelutschte Lagerbiere (Massen Markt tauglich) zu günstigen
Preisen gesetzt. Da waren die Grossen natürlich im Vorteil und kleiner
Brauereien hatten es schwer da mitzuhalten und standen in der Folgezeit oft vor
dem aus. Bei Anchor war es dann 1959 zum ersten Mal soweit und die Brauerei
schloss für ein Jahr, wurde dann aber von neuen Besitzern wieder eröffnet. Die
hatten es nicht wirklich im Griff und produzierten des Öfteren, Aufgrund von Unkenntnis, veralteten Anlagen
und mangelnder Hygiene, Bier von unterschiedlicher
Qualität. Das brachte der Brauerei dann den Ruf ein, saure und schlechte Biere
zu produzieren und führte im Jahr 1965 nahezu zum aus…
…wäre da
eben nicht dieser Fritz Maytag daher gekommen. Allerdings war es jetzt mit
Fritz Geld und seinem Mut alleine noch nicht getan. Er musste erst das Brauen
erlernen und auch verstehen, wo genau die Fehler lagen. Als Resultat setzte er
auf ein qualitatives hochwertiges Produkt, gebraut mit Besten Zutaten (die Mega-Brauer verwenden
z.B. viel Mais, Anchor setzt stattdessen auf Gerste). Fritz erkannte dass er
sowieso preislich mit den Mega-Brauereien nicht mithalten konnte. Also musste
sein Bier einfach besser (Charakter voller)sein, dann waren die Leute auch bereit
mehr zu bezahlen.
1971 war es
dann so weit: Anchor kam mit einem California Common Beer namens Anchor Steam
Beer, abgefüllt in Flaschen, auf den Markt (ab 69 gab es das Bier schon im
Fass). Dieses Bier ist bis heute der Bestseller der Brauerei. Ausserdem
unternahm Fritz in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre „Exkursionen“ nach U.K. und spürte dort alte, traditionelle britische
Braustile, wie Porter, Barley Wine und IPA auf. Basierend auf den Entdeckungen
wurden dann bei Anchor neue Biere entwickelt und so kamen dann 1972 das Anchor Porter (1974 erstmals in Flaschen),
sowie 1975 das Liberty Ale und das Old Foghorn (Barley Wine, erstmals 1976 in
Flaschen) auf den Markt. All Diese Biere
sind nach wie vor erhältlich. Auch wenn sie längst nicht mehr als spektakulär wahr
genommen werden, waren sie in den 70er Jahren aber auf dem US Markt
revolutionär und inspirierten die Homebrewing Szene, die 1979 startete,
nachhaltig (bis 79 war es in USA nicht legal privat zu brauen, unter Präsident
Carter wurde das geändert. In den
folgenden Jahrzehnten wurden dann zusätzlich auch noch saisonal verschiedene
neue Biere angeboten. 2010 verkaufte Fritz Maytag die Brauerei an zwei
ehemalige Top Manager von „Sky Vodka“, die sich aber erklärten, sie wollen
grundsätzlich das Business Modell der Brauerei beibehalten. Anchor brachte in
den letzten Jahren noch neue Biere wie Breckle's Brown (2010), Anchor Lager
(2012) oder Anchor IPA (2014, das erste „offizielle“ IPA der Brauerei) an den
Start.
Ich hab
mich mal durch einen Querschnitt der Biere von Anchor durch „verkostet“,
nachfolgend meine Ergebnisse:
- Anchor
Steam Beer, 4.9% ABV: gehopft mit Nothern Brewer. Diese Bier ist das Flagship
der Brauerei. Der Stil wird heute als „Calaifornia Common“ bezeichnet und
erlebt derzeit eine kleine Renaissance an der US Westküste. Es ist ein
traditioneller Typ, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in
Kalifornien zur Zeit des Goldrushs entstand. Um die Zeit kamen die modernen
Lager Biere von Europa nach Amerika und fingen ebenfalls dort an die Ales zu
verdrängen. Das Problem aber war, das man für untergärige Biere (Lager) tiefere
Temperaturen zur Vergärung braucht. Die sind von Hause aus recht selten in
Kalifornien und künstliche Kühlung war (noch) nicht vorhanden. Folglich ist
dieser Hybrid entstanden: es wird untergärige (Lager) Hefe verwendet aber bei
Ale üblichen Temperaturen vergoren. Dieser Stil war bis zur Amerikanischen
Prohibition äussert populär in Kalifornien und so war es auch das erste Bier,
das Anchor 1896 bei der Eröffnung präsentierte. Mit Beginn der Prohibition
verschwand dann auch „California Common“ mehr oder weniger in der Versenkung.
Fritz Maytag reanimierte den Stil dann nach Übernahme der Brauerei und kam 1971
mit der ersten Flaschen abgefüllten Version auf den Markt. Eben dieses Bier ist
bis heute so erhältlich. Das Bier schmeckt sehr vollmundig, nach Malz und
Karamell und hat eine angenehme bittere im Abgang.
- Anchor
Porter, 5.6% ABV: 1972 erstmals gebraut, 1974 die erste in Flaschen abgefüllte
Version. Aroma von Kaffee und Schokolade, im Körper kommt dann eine leichte
Säuere durch wie man sie von britischen Portern eigentlich nicht kennt und der
Abgang ist es dezent Bitter. Ein gut gemachtes Porter, das man sich schon mal
gönnen kann.
- Liberty
Ale, 5.9% ABV: erstmalig 1975. Das ist ein Stück Historie: das erste Hopfen
gestopfte (kalt gehopfte) Bier der amerikanischen Post-Prohibition Zeit! Das
war eine Revolution. Spätestens damit war die Revolution endgültig gestartet
und der Rest ist Geschichte! Es wird
heute als American Pale Ale eingestuft aber im eigentlichen Sinne war es ein
IPA, weil klassisch britische Pale Ales nicht hopfengestopft wurden. Die
Kalthopfung hat im Prinzip aus einem Pale Ale ein IPA gemacht. Heute ist es
aber so, das West Coast IPAs normalerweise mehr Alkohol enthalten und noch
stärker gehopft werden und auch viel fruchtiger sind als dieses hier. Deshalb
passt die heutige Klassifizierung als American Pale Ale schon. Das Bier ist
ganz lecker und sollte schon allein aus historischer Sicht mal getrunken
werden. Allerdings finde ich den Meilenstein der Sierra Nevada Brewery, das
„Pale Ale“, das auch schon 1981, inspiriert durch Liberty Ale, von Ken
Grossmann kreiert wurde und immer noch ein Bestseller ist, noch
beeindruckender. Das gehört bis heute zu meinen Lieblingsbieren.
- Anchor Old
Foghorn Barleywine Ale, 9.4% ABV: erstmals gebraut 1975 und seit 1976 in
Flaschen erhältlich. Noch so ein Meilenstein, ist es doch das erste moderne
Barley Wine der USA und hat ebenfalls viele Brauer inspiriert. Barley Wine
(„Gersten Wein“) ist ein traditioneller britischer Braustil der angeblich
irgendwann entstand als England mal wieder mit Frankreich oder Spanien oder
irgend einer anderen Wein liefernden Nation auf Kriegsfuss stand um den Ausfall
von Wein Lieferungen zu kompensieren. Ob die Anekdote wirklich stimmt ist mir
nicht bekannt aber die Story gefällt mir…auf jeden Fall wird der Sud mit hoher
Stammwürze eingebraut und dann zu einen sehr starken Ale vergoren das durchaus
geschmacklich an Wein erinnern kann. Dieses Bier hier beginnt mit einer
alkoholischen Süsse und endet in einem angenehmen, dezent bitteren Abgang. Es
ist sehr vollmundig aber irgendwie auch gefährlich süffig für den hohen Alkohol
Gehalt. Es ist bei Ratebeer Anchors best bewertete Bier (99 von 100). Das
Perfekte Kamin Bier das man genüsslich aus einem Pokal schlürfen sollte.
- Anchor
Brekle’s Brown, 6% ABV: Ein Brown Ale, das mit Citra gehopft und hopfengestopft
wurde. 2010 zum ersten Mal gebraut und
2011 dann als Flaschen Version erschienen. Also eines von den moderneren, die
wahrscheinlich einfach gemacht werden müssen weil es sonst schwer auf dem US
Markt wird, wenn man ausschliesslich von der Substanz leben will. Der Einstig
ist schokoladig, der Körper vollmundig. Im Abgang kommt dann die bittere des
Hopfens durch. Ganz gut gemacht, mir schmeckt’s.
- Anchor
California Lager, 4,9%: Kategorisiert als „Premium Lager“. Ein 2012 erstmalig
gebrautes Lager Bier mit einem traditionellem Hintergrund: Der verwendete
Hopfen namens „Cluster“ kommt von einem alten kalifornischen Stamm und sorgt
für einen einzigartigen Geschmack. Es stemmt sich klar gegen das allgemeine
Verständnis von US Lagern. Es ist sehr vollmundig, malzig und hopfig. Im
positiven Sinne sehr ungewöhnlich für ein Lager. Macht Spass und ist es allemal
wert probiert zu werden wenn man so dran läuft…
- Anchor IPA,
6.5% ABV. Das jüngste der dauerhaft ins Portfolio aufgenommen Biere der
Brauerei und auch gleichzeitig das erste „offizielle“ IPA von Anchor. Es ist gut trinkbar und ein typischer
Vertreter eines West Coast IPAs, weltbewegend isse allerdings nicht. Das
bekommen heute auch schon viele Brauer in Mitteleuropa hin.
Zusammenfassend
sei zu sagen, das Anchor sicher heute noch gute Biere macht, Innovationen
kommen indes nicht mehr aus diesem Hause. Interessant ist die Entwicklung die
man im Craft Beer Markt feststellten kann, wenn man Anchor’s 70er Jahre Biere mit heutigen Stil Vertretern
vergleicht: Waren Sie damals regelrecht revolutionär, so sind sie heute längst
nichts aussergewöhnliches mehr. Klar, wenn man sie mit US „Piss“- Lagern der
Mega Brauereien vergleicht, sind sie grossartig, aber es gibt längst viel
beeindruckendere Biere am Markt. Ich hoffe trotzdem das die Brauerei noch lange
Bestand hat, da sie die Mutter einer Bierrevolution ist, die in den 1970er in
USA startete, sich auf die der ganzen Welt ausbreitete und bis heute Anhält.
In diesem
Sinne
Eurer
hophead