Wednesday, December 14, 2016

Pilsner II

Einer meiner ersten Blog Posts trug den Titel „Pilsner“.  Den schrieb ich zu einer Zeit als ich gerade angefangen habe Pilsner wieder zu entdecken. Bis vor nicht allzu langer Zeit war ich eigentlich der Meinung, gar kein Pilsner zu mögen. Irgendwie ist mir das schon über 20 Jahre zu eindimensional Bitter oder, wenn man an die grossen Fernsehbiere denkt, zu Langweilig. Dieses Jahr allerdings habe ich mich stark mit dem Thema Pilsner (und im Allgemeinen mit modernen Lager Bieren) auseinander gesetzt. Die Erkenntnis ist, dass ich mich komplett von Einstellung Pilsner nicht zu mögen, verabschiedet habe. Das Gegenteil ist der Fall. Jetzt liebe ich Pilsner (und moderne, charaktervolle Lagerbiere)!
Seit ich im trinkfähigen Alter bin (seit gut 30 Jahren), ist mir eigentlich bewusst, das Pilsner das Bier ist, das die Welt erobert hat und somit auch der dominierende Style. Dieses trockene, hopfenreiche Gebräu startete in den 1840ern den Siegeszug von Böhmen aus in die grosse weite Welt. Gegen die damals üblichen dunklen Ales (und Lager) muss das eine Offenbarung gewesen sein. Über die Zeit entwickelten sich dann neben den tschechischen Pilsner verschiedenste Unterarten: Deutsche Pilsner  (im Norden andere als im Süden), süssere Pilsner in Lateinamerika und  leichte Pilsner in Nordamerika, die auch in Asien sehr beliebt sind. In der Moderne entwickelten sich die Pilsner dann zu einem auf den Massen Markt zugeschnittenes Produkt, auch „Fernsehbiere“ genannt.  Charakterlos aber mit hoher drinkabilty eignen sie sich perfekt zum Durst löschen und besaufen. Eine geschmackliche Offenbarung sind sie längst nicht mehr. Die allermeisten heute als „Pils“ bezeichneten Biere haben mit dem Stil Pilsner nichts mehr zu tun. Und da liegt dann auch die Erklärung warum ich so lange dachte, ich mag kein Pils. Im Zeitalter der Craft Bieres kommen nun plötzlich wieder Pilsner auf den Markt, die Charaktervoll schmecken und ihrem Stil gerecht werden. Dazu kommt dann dann noch die Tatsache, dass man auch hier eine Spielwiese hat um mit neuen hopfen Sorten zu experimentieren und mit diesen auch zu stopfen.
Meine eigene Bier Trinker „Historie“ fängt ja irgendwann Mitte der 80er an. Damals hat man ja ehr regionale Biere getrunken und da waren gerade wo ich aufgewachsen bin, die Pilsner einfach nur Bitter und schlecht gemacht. Allerdings gab es auch damals sehr gute Varianten, nur der Zugang war nicht wirklich gegeben und Onlinehandel gab es ja noch nicht…Eines aus meiner Region gab es aber dann doch: das Rothaus Pils. Doppelt so teuer als jedes andere Bier aber um Welten Besser.  Auch war es die Zeit als die Fernsehbiere  anfingen sich in Deutschland breit zu machen und deren Brauer  ihre Biere immer „runder lutschten“ damit sie ein möglichst grosser Teil der Bevölkerung trinkt (auch Rothaus hat ihr Bier verändert und den herausragenden Charaktervollen Geschmack der Expansion und dem Profit geopfert). In der Mitte der 90er blieb einem dann die Wahl zwischen Pilsnern, die entweder nur Bitter waren oder eben Charakterlose Fernsehbiere. Durch diese Entwicklung wurde ich unterbewusst vom Genusstrinker zum Wirkungstrinker in Sachen Bier und habe mich Ende der 90er bis weit in die erste Dekade des neuen Jahrtausends beim Genusstrinken auf diverse andere  Alkoholische Getränke fokussiert, da mir Bier zu langweilig geworden war. Oder anders ausgedrückt: ich dachte Bier sei langweilig. Die stattgefundene Veränderung war mir damals noch nicht bewusst. Ich dachte ich "hätts gesehen...". Und das, Obwohl ich eigentlich schon immer ein Bier Geek war. Habe z.B. schon Ende der 80er erste Exkursionen nach Belgien usw. unternommen.
Ende des ersten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert bin dann erstmalig via USA auf "Craft Bier" gestossen. Es war eine Offenbarung! Zu der Zeit war das Bier der Stunde in der US Craftbeer Szene das extrem gehopfte IPA.   Ab dem Zeitpunkt hab ich mich dann wieder auf Bier als Objekt des Genusstrinkens fokussiert. Craft Bier fing damals in Zentraleuropa erst an und ich fand es bedauerlich hier nicht den Zugang zu all diesen geilen Ales zu haben. Ich war immer noch davon überzeugt ich mag kein Pilsener (hatte ja auch über 20 Jahre keine wirklich gutes mehr…).
Heute sind die Biere der Stunde in USA mittlerweile (Imperial) Pilsner die extrem hopfengestopft werden (neben den Sour/Brett Bieren, welches momentan ein anderer grosser Trend ist). In Deutschland hingegen haben sich die neu aufkommenden Craft Brauer erstmal auf das Ale Thema gestürzt. So langsam wird aber das kaltgehopfte Pilsner auch hier relevant (auch wenn USA schon wieder weit voraus ist). Und damit komm ich auf den Punkt: Deutschland ist das traditionelles Pilsner/Lager Land. Genau an den Styles sollten die Craftbrauer hier zu Lande arbeiten, denn Weltklasse IPA gibt es mittlerweile reichlich. Ich denke es gibt riesen potential Pilsner und andere Lager Styles dahin zu entwickeln, wo die Amerikaner die Ales hin entwickelt haben.  Deutschland als  traditionelles „Lager Land“, ist halt nur irgendwie stehen geblieben bzw. hat sich falsch entwickelt. Ich bin jedenfalls gespannt was da noch kommt und freu mich auf die Zukunft. Am geilsten finde ich, Pilsner wieder entdeckt zu haben!
In diesem Sinne

Eurer hophead

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