Thursday, January 19, 2017

Kölsch vs. Alt

Seit vielen Jahren vertrete ich gegenüber „Fernsehbier“ Trinkern die These, dass es für sie eigentlich wurscht ist, welches Bier sie trinken. Die wenigsten Menschen können in einer Blindverkostung einen Unterschied zwischen den üblichen Verdächtigen rausschmecken (nenne mal als Beispiel  Krombacher, Warsteiner, Bitburger und Becks). Ohne es jemals wirklich überprüft zu haben, denke ich, dies gilt ebenfalls für Bayrisch Hell. Biere wie z.B. Augustiner, Ayinger, Tegernseer, etc. sind ebenfalls extrem schwer zu unterscheiden. Wie eigentlich alle hellen „Durchnitts“ Lager Stile die so in Deutschland produziert werden. Da sind sicher sehr viele exzellent gemacht und auch sehr anspruchsvoll zu brauen, aber ohne Frage, sie besitzen kein komplexen Geschmacks Profil oder eine individuelle Charakteristik.
Warum glauben aber die meisten Bier Trinker, sie könnten es auseinander halten? Warum schwört der eine auf Krombacher und der andere auf Becks? Weil das Marketing ihnen etwas suggeriert mit dem sich der Konsument identifiziert. Warsteiner is das einzig Wahre, durch Krombacher saufen rettet man den Regenwald, Fussball Fans kloppen sich Bitburger in den Kopp und der Durst nach der grossen weiten Welt lässt sich mit Becks bestens stillen. So findet jeder seinen Platz. Auch spielt die Optik (Logo, Etikettierung, Flasche, Kasten) eine wichtige Rolle. Ebenfalls auch  regionale Gründe wie Heimatverbundenheit. Die einzig konsequenten unter den Wirkungstrinkern sind die Oettinger Kunden. Denn die sparen einen Haufen Geld gegenüber den anderen bei gleichem Effekt: Durst löschen und strack werden („wirkungstrinken“).
Wie bereits eingangs erwähnt, bin ich seit Jahren davon überzeugt und verwickle mich regelmässig in Diskussionen mit „Wirkungstrinkern“, die glauben es auseinander halten zu können. Neulich aber bin ich auf etwas gestossen, das hat selbst mich verblüfft und damit hätte ich nicht gerechnet! An der Hochschule Düsseldorf wurde ein Experiment mit 50 Düsseldorfern und 50 Kölnern durchgeführt. Die Probanden waren alles Männer im Alter von 35-65 Jahren. In einer Blindverkostung ging es unter anderem darum, die probierten Biere dem Stil Kölsch oder Alt zuzuordnen. Dabei war die Trefferquote bei nur 55% was in etwa dem Niveau des Zufalls entspricht. Das heisst tatsächlich, die meisten Bier Trinker können das nicht auseinander halten! Damit hätte ich nicht gerechnet. Zudem wurde auch noch die die jeweilige Präferenz abgefragt und das Ergebnis war sowohl bei den Kölnern wie auch den Düsseldorfern ca. 50:50. Der gleiche Test wurde dann nochmals offen mit neuen Probanden durchgeführt und man höre und staune: hier verschoben sich die Präferenzen zugunsten des Heimatbieres auf 78:22. 
Mich hat es natürlich gleich gejuckt: kann ich das auseinander halten? Also hab ich mir Alt und Kölsch besorgt und mir blind vorsetzen lassen. Die Antwort ist: Ja, ich konnte es richtig zuordnen und habe auch den Geschmacksunterschied als relativ gross empfunden. Alt enthält mehr Bitter Hopfen und weniger Aroma Hopfen als Kölsch und es wird  dunkles Cara Malz verwendet (bei Kölsch dafür helles Cara). Ansonsten sind beide sehr ähnlich, basieren primär auf Pilsner Malz, bekommen die gleichen Hopfen Sorten und es wird auch der gleiche typ Hefe verwendet. Aber es reicht meiner Meinung nach um einen merklichen Geschmacksunterschied zu ergeben. Alt schmeckt bitterer (herber) und enthält Röstaromen, Kölsch ist milder und fruchtiger. Nun bin ich natürlich entsprechend trainiert, da ich ja seit vielen Jahren die unterschiedlichsten Biere probiere. Also hab ich auf die schnelle ein befreundetes Paar gefragt ob sie den Blind Test ebenfalls durchführen könnten. Er ist Bier Trinker aber eben fokussiert auf pale Lagers (am liebsten mild gehopft), trinkt aber auch sehr gerne Kölsch. Sie trinkt eigentlich gar kein Bier.  Beide haben es nicht geschafft richtig zuzuordnen.
Das ist bemerkenswert! Dieses ganze gefrotzel bzw. entweder/oder Scheiss zwischen Kölsch und Alt basiert also im grossen und ganzen nur auf einem regionalem Zugehörigkeits Gefühl und hat absolut nicht mit Geschmack zu tun (ich hab immer schon Kölsch und Alt gemocht). Ausserdem wird dann wohl die grosse Mehrheit auch keinen Unterschied zwischen Pils, Export und Hellem feststellen können. Das erklärt dann auch warum man „ein Bier trinken geht“ da es für die Mehrheit völlig bums ist was der Wirt am Hahn hat, solange es als Bier identifizierbar ist. Das wiederum is ja eigentlich nix neues!
In diesem Sinne

Eurer hophead

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