Sunday, February 28, 2016

Brett

In der Moderneren Braugeschichte (irgendwo so ab Hälfte des 19. Jahrhundert) unterscheiden Brauer primär zwischen  zwei Hefen: Obergärige (Saccharomyces cerevisiae) und Untergärige (Saccharomyces carlsbergensis). Der Name ober- bzw. untergärig kommt daher, wo sich die Hefen nach der Gärung befinden: entweder steigt sie nach „oben“ oder sie setzen sich nach „unten“ ab. Obergärige Hefen produzieren mehr Fruchtester was dann in einem fruchtigeren Geschmack von obergärigem gegenüber untergärigem Bier resultiert. Bin mir auch sicher, das würden einem in Deutschland 99% der Brauer so erklären und im Glauben lassen, mehr gibts nicht…Was man im deutsch-sprachigen raum vernachlässigt ist die spontan Gärung. Der Grund dafür ist, dass diese in den typischen deutschen Brau-Stilen nicht gewollt ist und sogenannte Fehlgeschmäcke hervorruft. Aus diesem Grunde achtet der der Brauer von ober- und untergärigen Bieren penibel auf Hygiene um auszuschliessen, dass Wilde Hefen in seiner Gärung eine Rolle spielen.  Vor hunderten von Jahren allerdings, als man noch nicht wusste wodurch die Gärung hervorgerufen wird, haben Brauer ihre Würze offen stehen lassen und wie durch ein Wunder war es irgendwann alkoholisch…Allerdings hatte man so auch keinen Einfluss auf die Gärung. Mit dem zunehmenden Wissen über Hefe wurde spontan Vergärung immer unpopulärer da sie nicht wirklich kontrollierbar ist.
Allerdings blieb die Tradition der spontan Gärung  in Belgien bis heute erhalten, speziell in der Umgebung um Brüssel (Senne Tal) gibt es ein paar Styles die nach wie vor auf Spontan Vergärung setzen. Primär ist das das Lambic. Die Würze dafür wird aus Wasser, Gerstenmalz, ungemälztem Weizen (min 30%) und Hopfen eingebraut. Nach Abschluss wird aber keine Hefe manuell zugeführt sondern die Würze in offenen Eiche oder Kastanien Bottichen gefüllt. Dann wartet man bis sich das Gebräu mit wilden Hefen „infiziert“ und dadurch vergärt. Diese Hefen nennt man Brettanomyces Bruxellensis oder auch Brettanomyces Lambicus. Die Gärung ist nicht beeinflussbar und kann Monate dauern. Danach reifen Sie weitere ein bis drei Jahre in Holzfässern und werden dann weiter verarbeitet z.B. zu Geuze, Faro oder Fruchtbiere wie Kriek oder Framboise. Neben den wilden Hefen spielen bei diesen sehr traditionellen Bieren u.a. auch Milchsäure Bakterien eine Rolle. Die Biere haben einen säuerlichen Charakter weshalb man sie auch als Sour Ale klassifiziert. Diese Biere sind geschmacklich sehr komplex und überfordern viele Biertrinker. Während klassische ober- und untergärige Biere sicher die weitaus höhere drinkabilty haben, sind die spontan vergorenen ehr was für „Freaks“ (…ich kenne nicht viele die bekennende Liebhaber sind). Wenn man aber bereit ist sich drauf  einzulassen und ein wenig trainiert, dann erweitert es den Horizont des Bier Geschmack um einiges.
In den letzten Jahren erfreut sich jetzt die Spontan Vergärung zunehmender Beliebtheit bei Craft Brauern, vor allem in den USA, aber auch in Skandinavien und Norditalien. Ist es doch eine riesen Spielwiese mit viel Potential neues zu entdecken.  In dem Zusammenhang hat sich dann auch als Kurzform die Bezeichnung Brett für Brettanomyces etabliert (Brettanomyces Bruxellensis kann ja auch keine Sau aussprechen!). Da Brett‘s an vielen Orten der Welt vorkommen, lassen sie sich auch entsprechend nutzen. Es gibt Brauer die setzen ausschliesslich Bretts ein, andere arbeiten mit einer Kombination, d.h. der Würze wird Ale (obergärige) Hefe durch den Brauer zugeführt aber zusätzlich auf die Wilden Hefen gesetzt. Dabei kann man entweder den Bottich offen stehen lassen und auf sein Glück hoffen oder nachhelfen, indem man manuell Brett’s (sowie auch Milchsäure Bakterien) zuführt.
Der Einfluss der Hefen auf den Geschmack ist enorm und den meisten Biertrinkern nicht bewusst. Ein typisches Beispiel ist hier das Bayrische Weizenbier. Diese typischen Zitrus und Bananen Noten kommen von der Hefe und haben recht wenig mit dem Getreide zu tun. Wenn man z.B. eine Sud mit 100% Gerstenmalz ansetzt und dann aber mit typischen „Weizen Hefe“ vergärt, so würde der durchschnittliche Biertrinker sofort denken er hat ein Weizen vor sich. Wir stehen wir erst am Anfang der Möglichkeiten den Geschmack durch gezielten Einsatz von neuen Hefezüchtungen zu beeinflussen. Ich persönlich glaube dass da in den nächsten Jahrzehnten ähnliches passieren wird wie im Bereich Hopfen Neuzüchtungen in den letzten 30 Jahren. Ich Orakel jetzt mal, da werden wir echt noch was erleben…
Ich hab mich mal durch ein paar spontanvergorene Biere durchprobiert und nachfolgend meine Erfahrungen. Zunächst mal drei Biere von traditionellen belgischen Brauereien, danach drei von modernen innovativen Brauern ausserhalb Belgiens:
  • Lindemans Framboise Lambic Beer: 2.5% ABV. Dies ist ein typisches belgisches Frucht-Lambic. Als Grundlage dient ein junges (aber mindestens ein Jahr altes) Lambic, dem Himbeersaft (30%) zugeführt wird. Danach wird es in Flaschen abgefüllt und mit Champagnerkorken verschlossen, wo es dann eine zweite Gärung durchläuft. Durch die Zuführung von Saft wird ist es ehr süsslich. Beim ersten schnüffeln schiesst einem sofort der Himbeergeruch in die Nase! Bei längerem riechen kommt dann diese typische Sour Beer Note durch. Im Antrunk und Körper nimmt man eine spritzige, fruchtige Säure wahr. Im Abgang schliesslich kommt diese typische, ganz leichte Lambic Bitternote hervor. Frucht Lambics haben unter den Lambics die höchste drinkabilty und schmecken oft auch Menschen, die eigentlich kein Bier mögen. Dieses hier eignet sich als Aperitive oder spritziges Sommer Bier. Ich mag das eigentlich ganz gerne und hab immer ein paar Flaschen davon im Keller.
  • Boon Kriek Lambic: 4% ABV. Auch ein typisches belgisches Frucht-Lambic. Bei Diesem hier werden zu sechs Monate altem Lambic Bier Kirschen gegeben (25%). Der Unterschied des Boon Biers gegenüber dem Lindemans von oben ist, dass ganze Früchte anstatt nur Saft zugeführt und mitvergoren wird. Das sorgt dafür, dass es  trockener und weniger Süss ist. Bei diesem hier ist das Aroma von Kirsche dominant. Auch im Körper ist die Kirsche sehr präsent. Leichte  süsse ist vorhanden aber nicht dominant, es ist ehr eine milde, trockene Säure spürbar. Insgesamt sind auf Früchten vergorene Lambics komplexer als die mit „nur“ Saft, dafür ist die drinkabilty geringer.
  • Lindemans Gueuze (Lambic Beer): 5% ABV. Zunächst mal, was ist eine Gueuze (oder auch Geuze)? Für eine Geuze werden verschiedene Lambic Jahrgänge (in der Regel 1-3 Jahre alt) miteinander verschnitten und dann in Champagnerverkorkten Flaschen zweitvergoren. Bei klassischen Versionen wird kein zusätzlicher Zucker vor der Abfüllung zugeführt, bei modernen macht man es um die drinkabilty zu erhöhen. Oude Geuze darf es sich nur nennen, wenn ausschliesslich spontan vergorene Biere verschnitten werden. Auf jedenfalls sind diese Biere sehr karbonisiert und geprägt durch eine trockene Säure. Dieses hier verkostete ist basierend auf jüngeren Lambics (aber mindestens 1 Jahr alt) und hat Zucker zugesetzt bekommen bevor es in der Flasche zweitvergoren wurde. Der Geruch ist etwas säuerlich bis ins muffige gehend. Erinnert irgendwie an eine nasse Pferde Decke. Geschmacklich ist es dann süss/sauer und im Abgang erinnert es ein wenig an trockenen Sherry. Wie ich schon erwähnt habe, sind Geuze geschmacklich komplex. Dieses hier hat allerdings für eine Geuze eine hohe drinkability.  Ist aber sicher kein Bier das die Massen hinter dem Ofen hervorlockt. Auch mich reisst es nicht vom Hocker und wenn ich ab und zu Geuze Trinke, dann lieber gleich die klassische, trockene und hochkomplexe Oude Geuze.
  • Mikkeller Grassroots Wheat is the new Hops IPA (das heisst wirklich so…): 6%ABV. Es ist aus Gerstenmalz und unvermälztem Weizen gemacht und mit Citra und Centennial gehopft und hopfengestopft. Selbstverständlich mit Brett’s vergoren. Es entspricht ist von der Schüttung (eingesetztes Getreide) und der Vergärung einem Lambic ist aber vom Hopfen Einsatz her wie ein IPA. Vielleicht ein IL: India Lambic (Scherz…). Vom Geruch her denkt man sofort an ein IPA. Angenehm fruchtig. Der Geschmack allerdings ist jetzt nicht so meins. Primär Bitter, wenig Facetten. In einer Blindverkostung hätte ich es weder als IPA noch als Brett vergoren identifiziert. Einfach nur als ein Bitteres Bier. Schmeckt sehr eigen. Ich brauchs nicht noch mal.
  • TO ØL Sur Amarillo: 7.5% ABV. Sour Pale Ale aus Gerste, Weizen und Hafer das mit Amarillo Hopfengestopft wurde. Bei diesem Bier wird sowohl klassische Ale Hefe als auch Brett’s verwendet. Auch Milchsäure Bakterien sind im Spiel. TO ØL ist aus Dänemark und die Jungs dahinter haben inspiriert durch Mikkel Borg Bjergsø (der Mann hinter Mikkeller) Mitte des letzten Jahrzehnts das brauen angefangen und gehören heute sicher mit zu den innovativsten Brauern in Europa. Im Aroma dieses Bieres nimmt man etwas Frucht gepaart mit milder Säure war. Auch Getreide Noten sind klar erkennbar. Dann der erste Schluck: Alter! …Holy Shit ist das Sauer!!! Bei dem Bier wird mir schlagartig klar warum ich eigentlich kein so ein grosser Fan von Sour Beer bin. Das schmeckt als hätte jemand reinen Zitronensaft ins Bier gegossen und zwar viel zu viel! Ausser Säure nehm ich nix mehr war. Wer das mag kann auch gleich ein billiges Öttinger Weizen nehmen und ordentlich Zitronensaft rein Kippen. Geschmacklich sicher nicht gross anders aber wesentlich günstiger. Ok, fair bleiben. Gibt sicher ein Publikum dafür. Einigen wir uns mal auf „Interessant“…
  • TO ØL Nelson Survin: 9% ABV. Die Brauer nennen es ein Sour double IPA, ebenfalls gebraut wie das obere. Nur mit höherer Stammwürze und statt Amarillo wurde Nelson Survin zum hopfen und hopenstopfen verwendet. Es wurde ebenfalls mit obergäriger Ale Hefe und Bretts gearbeitet. Aroma enthält Zitrus und Banane, aber auch Getreide. Wirkt irgendwie frisch. Der Körper ist fein säuerlich und hat was von tropischen Früchten. Im Abgang hat es dann eine angenehme bittere die an Orangenschale erinnert, gepaart mit einer leicht holzigen aber auch schokoladigen Note. Diese Bier ist unglaublich vielschichtig (komplex)! Da gibt’s was zu entdecken. Das kann man sich durchaus mal gönnen.

Alles in Allem war das ein spannender Exkurs in eine abgefahrene Bier Welt. Für mich Persönlich werden mit Brett’s fermentierte Biere sicher nicht zu meinem favorisierten Alltagsgetränk, aber wenn man mal was anderes will und sich auf die Komplexität einlässt, kann man schon was erleben. Aber bisher haben mir die Belgischen Traditionalisten immer mehr gegeben als die modernen Varianten von Ausserhalb Belgiens. Denke aber da steckt Potential drin und in den nächsten Jahren (Jahrzehnten) wird da noch so einiges passieren. Um den Post mit einem Zitat von Mikkel Borg Bjergsø (der Mann hinter Mikkeller) zu beenden: „Spontaneously fermented beer is the most exciting and unique beer style to brew because so much is left to chance“
In diesem Sinne

Eurer hophead

Sunday, February 14, 2016

Brewdog’s Prototypen

Brewdog aus Schottland. Was haben die nicht schon alles beigetragen um die europäische Craft Beer Bewegung voran zu bringen. Die Brauerei wurde 2007 James Watt und Martin Dickie in Fraserburgh gegründet. Martin Dickie arbeitete zuvor für die englische Thornbridge Brauerei und war dort entscheidend für die Entwicklung von „Jaipur“, dem ersten IPA der Brauerei verantwortlich. Jaipur kam 2005 auf den Markt und ist immer noch erhältlich (nicht ganz mein Fall, da ein English IPA und ich mag ja bekanntlich American IPAs lieber). Auf jedenfalls ist Brewdog schnell gewachsen und hat es 2015 auf einen beachtlichen Ausstoss von 134 000 hl gebracht. Das ist schon bemerkenswert wenn man bedenkt das die nicht klassischen Mainstream (Industrie Bier Trinker) bedienen sondern haufenweise abgefahrene Biere machen, die auf dem europäischen Markt neu sind. Klar, man muss auch aufführen dass neben der Tatsache, dass Sie den richtigen Riecher für gutes Bier haben auch ihr Marketing ausserordentlich ist und wahrscheinlich weit mehr zum grossen, überregionalen Erfolg der Marke beiträgt, als die Tatsache, das sie geile Biere machen (es gibt auch andere grossartige Craft Beer Brauer in Europa, die aber kaum eine Sau kennt…). Vergleichbar gut im Bereich Marketing ist da in Europa sicher noch Mikkeller, der allerdings auf der einen Seite abgefahrenere Biere macht (oder anders ausgedrückt, Brewdog Biere haben oft eine höhere drinkabilty und sprechen grössere Massen an Konsumenten an) und auf der anderen Seite auch seine Biere teurer verkauft. Glaube das ist schon eine weitere Hemmschwelle ob ich nun 2.50 oder gleich 4 Euro für ein Bier Ausgebe. Brewdog basiert dann ausserdem noch auf einem Shareholder Prinzip, d.h. jeder kann Aktien des Unternehmens kaufen (werden aber an keiner Börse gehandelt, der Preis ist fix und liegt glaub ich bei 300 Euro oder Pounds pro Aktie). Die Kombination aus geilen Bieren und exzellentem Marketing (gepaart mit dem dadurch entstandenen Image des Brands) sorgen dafür dass sich die Aktien wie geschnitten Brot verkaufen und  der Brauerei genug in die Kasse spült um im grossen Stiele zu expandieren. Die Brauerei hat von Anfang an drauf gesetzt ein Image zu generieren das „Punks“ Biere für „Punks“ generieren. Interessanterweise funktioniert das nach wie vor, auch wenn ich es mittlerweile für etwas grenzwertig halte. Vielleicht sehe ich das auch  falsch aber für mich verträgt sich „Punk“ und „Kommerz“ nur begrenzt. Und ich würde sagen, Brewdog ist mittlerweile eine sehr kommerzielle Angelegenheit. Ist ja aber generell auch wurscht, solange sie geile Biere brauen, soll es mir recht sein.
Ein weiterer Grund für die Popularität von Brewdog ist sicher auch das Sie ihr eignes Pub-Konzept haben und Craft Beer Bars in U.K. und Kontinental Europa, sowie in Südamerika und Asien betreiben. Dort werden neben ihren eigenen Bieren auch ausgewählte Biere anderer Brauer angeboten. Auch ein Shop Konzept gehört zum Programm und wird kontinuierlich ausgebaut. In sozialen Netzwerken ist Brewdog  ebenfalls sehr präsent, so wird zum Beispiel regelmässig via Facebook abgestimmt, welche zutaten im nächsten Bier der „Mashtag“ Serie verwendet werden.
…und last but not least, was mich zu diesem Blog Post bewogen hat: Brewdogs Prototypen. Dabei handelt es sich um neue Biere die gegen Ende eines Jahres in limitierter Auflage gebraut und verkauft werden. Der Konsument hat dann anschliessend die Möglichkeit an einer Abstimmung auf der HP von Brewdog teilzunehmen und der Sieger wird dann in Portfolio aufgenommen. Manche als saisonale Spezialität oder als „Small Batch“, andere aber durchaus auch dauerhaft. Beispiele aus der Vergangenheit sind Jack Hammer (IPA) oder Cocoa Psycho (Imperial Stout). Beide endgeil, unbedingt probieren!  Ich hatte Gelegenheit die vier Prototypen 2015, welche Anfang Dezember auf den Markt kamen, zu bekommen und zu Probieren. Hier die Resultate:
  • Hopped up Brown Ale, 6.3% ABV, 85 IBU. Verarbeitet wurden die Hopfen Columbus, Simcoe, Cenntenial und Citra. Dunkel Braun, Aroma ist der Hammer. Eines von den Bieren, wo du nicht aufhören kannst deinen Riechkolben reinzuhängen! Frisch und fruchtig. Aber wie es dann oftmals ist: der Geschmack hält nicht annähernd, was der Geruch verspricht. Schmeckt irgendwie wie ein zu Bitter geratenes Porter. Müsste entweder viel weniger Bitter sein oder mehr Frucht haben. Meine Empfehlung bei dem Bier war dann schlussendlich: man sollte es bei dem Prototypen belassen.
  • Black IPA, 5.3% ABV /40 IBU, Simcoe ist der einzige verwendete Hopfen (also ein sogenanntes „Single Hop Black IPA“). Einstieg (Geruch) ist sehr angenehm. Wie ein Stout, nur fruchtiger. Geschmacklich ein sehr ähnliches Bild: schmeckt wie ein Stout aber bitterer und fruchtiger. Im Abgang trocken. Ganz gut gemacht. Vor allem wenn man bedenkt, dass es nur 5.3% Alkohol enthält.
  • Session IPL , 4.4% ABV / 20 IBU. 5 Hopfen Sorten: Chinook, Amarillo, Simcoe, Citra, Mosaik. Für die unter den Lesern, die nicht ganz so firm mit den Styles sind nochmal kurz was uns der Name in dem Fall verrät: „Session“ steht immer für Biere mit wenig Alkohol, also normalerweise unter 5%-4.5%, die sich dadurch zum Zechen (Bechern, Saufen, etc.) eignen weil man nicht gleich vom Stuhl kippt wenn man sich mal ein six-pack oder mehr in die Birne kloppt. IPL steht für „India Pale Lager“ und das bedeutet, ein kalt  gehopftes (Hopfen gestopftes), helles, untergäriges Bier (Analog zum IPA einem hopfen gestopftem, hellen, obergärigem Bier). Nun aber zum Geschmack: Der Geruch ist schon mal absolute Bombe! Besser noch, der Geschmack hält mindestens was der Einstieg verspricht: Sehr Fruchtig. Das ist mal ein Lager (bin eigentlich kein so‘n grosser Lager Trinker). Das macht Spass. Es hat diese typischen grasigen Noten die für hopfengestopfte Session Biere typisch sind (und die ich so geil finde), ist im Abgang bitter und trocken (typisch für ein Pilsner).Damit möchte ich Zechen! Daher hab ich sofort die verfügbaren Restbestände dieses Prototyps beim Händler meines Vertrauens aufgekauft…
  • Milk Stout, 4.8% ABV 30 IBU aus 8! Verschiedenen Malz Sorten und als Hopfen wurde Magnum und Sorachi Ace verwendet. Es ist ein Sweet Stout. Ich mag eigentlich Dry Stouts (auch Irish Stouts genannt) lieber. Dieses hier ist aber ganz gelungen, erinnert an Espresso mit Zucker und Zartbitter Schokolade. Ganz nett wenn man da jetzt so dran läuft, sehe aber keinen Grund das nochmals explizit zu bestellen. Meiner Meinung nach eignet sich prinzipiell Süsse ehr für Imperial Stouts mit hohem Alkohol Gehalt. Süsse Biere mit weniger als 5% Alkohol erinnern mich immer ein wenig an die widerlichen Biermischgetränke wo Sprite oder Cola mit Bier gepanscht wird. Bääääh. Mir kommt da sofort Ostdeutsches Porter in Sinn. So um die 4% ABV und klebrig süss. Denke wenn da ein Liebhaber britischen Porters dran läuft und sich aufgrund des Namens auf ein schönes Porter freut, verspürt er nach dem ersten Schluck erst mal Brechreiz. Ich probiere Porter schon gar nicht mehr wenn ich weiss das es aus Ostdeutschland kommt,  weil ich bisher alle nach dem ersten Schluck mit Hurra in Ausguss gegossen habe. Oder meiner Frau gegeben. Der haben die dann Geschmeckt (sie mag eigentlich kein Bier, das erklärt dann auch alles weitere…). O.k., ich schweife ab. Einigen wir uns mal da drauf: Super gemachtes Sweet Stout und absolut empfehlenswert für Leute die diesen Style mögen (hab die 2. Flasche die ich hatte mit einer Tafel Zartbitter Schokolade vertilgt, das war dann wirklich mal der Hammer!)

Bleibt noch die Frage, wie ging schlussendlich die Wahl aus? Das Milk Stout hat bei der Abstimmung 40% erhalten, Platz zwei ging mit 25% ans IPL und die anderen beiden  haben jeweils 17.5% erhalten. Das Milkstout wird jetzt als neuer „Headliner“ dauerhaft ins Sortiment aufgenommen und ist die Tage als „Jet Black Heart“ erschienen. Mein Favorit war klar das IPL, ob das aber nochmals aufgelegt wird entzieht sich meiner Kenntnis. Schade wärs, wenn nicht!
In diesem Sinne


Eurer hophead

Thursday, February 4, 2016

Der Stolz von London

So nannte man den Willen der Londoner Bevölkerung den deutschen Luftangriffen im zweiten Weltkrieg zu trotzen. Heute ist „London Pride“ weit mehr bekannt in Form des vorzeige Biers der Londoner Brauerei Fuller. Es wurde in den frühen 50ern des 20. Jahrhunderts erstmalig gebraut und nach eben diesem Stolz von London benannt.
Die Brauerei  Fuller wurde 1845 gegründet und befindet sich bis heute im Familienbesitz.  Der Jährliche Brauausstoss liegt bei ca. 250 000 hl. Das Logo von Fullers ist ein Greif (Adler Körper mit Löwenkopf) weshalb man sie auch „Griffin Brewery“ nennt.  Die Brauerei ist im Stadtteil Chiswick und das Bier ist sehr präsent in London. In Grossbritannien werden Pubs oft von Brauereien betrieben, bei Fuller sind es so um die 400 über ganz U.K. verteilt.
Fullers war einer der ersten Unterstützer von CAMRA. Die Campaign for real Ale wurde 1971 gegründet und verfolgt als Ziel den Erhalt traditioneller Brau- und Reifungsverfahren, sowie Zapftechniken. Ein Real Ale wird im Fass zweitvergoren, nicht Pasteurisiert und per „Pump Zapfanlage“ ausgeschenkt. Das wird dann oft als „Cask Conditioned Real Ale“ bezeichnet. Das Problem für uns Kontinental Europäer ist, das wird das oft als lauwarme Plörre  empfinden weil es wenig  Kohlensäure enthält und nur Keller kalt ist. Dieser Tatsache verdankt Britisches Bier oft den schlechten Ruf ausserhalb von UK (primär bei Industrie Lager Trinkern). Aber auch hier gibt es grosse Unterschiede des Gebräues. Ich hab in U.K. und auch in USA schon geschmacklich Grossartige Cask Conditioned Ales getrunken. Aber auch ich hadere oft mit dem Mundgefühl (wenig karbonisiert) und der Temperatur (piss warm). Aber man muss wissen (und respektieren) das diese klassischen Stile die Inspiration für das Craft Brauen in USA waren. Die Amis haben einfach diese Biere entstaubt und modernisiert indem sie sie mit Tonnen von hopfen gebraut, Karbonisiert und vor den trinken gekühlt haben. Das ist auch ehr mein Ding. Dennoch ist Fuller sehr brauchbar um herauszufinden wie die Ur-Stile mal waren (Pale Ale oder auch Bitter, IPA, Porter, Stout, etc.). Nicht umsonst ist Fuller die Brauerei die die meisten CAMRA Auszeichnungen erhalten hat. Ausserdem ist noch zu erwähnen dass jedes Jahr Vintage Ales mit sehr komplexem Geschmack abgefüllt werden, die Sich sehr gut zur mehr jährigen Lagerung eignen.
Hab mich mal für den Blog hier durch einige Biere aus dem Portfolio von Fullers gesoffen, nachfolgend die Beschreibungen:
  • London Pride: das wohl bekannteste und meist verbreitete Bier von Fuller ist ein Premium Bitter/ESB. U.a. ist es das meist importierte Bier aus U.K. in den USA. Das ist jetzt so ein Beispiel für so ein Referenz Bier für seinen Style. Es gibt es als nicht pasteurisierte Cask Variante mit 4.1% ABV sowie als pasteurisiertes Flaschen Bier mit 4.7% ABV. Basierend auf so was haben die Amerikaner dann ihre West Coast Pale Ales entwickelt. Ich trink das eigentlich ganz gerne mal. Da es weit in der Welt verbreitet ist, bekommt man es oft neben Guinness als  weitere Alternative zu den Standard Lagern wie Heineken, Carlsberg oder Beck’s.
  • Fuller‘s Honey Dew: ist ein Bio Golden Ale mit einer sehr hohen drinkability (5% ABV). Ich würde sagen das spricht Ale wie Lager Trinker in gleichem Masse an. Es erinnert mich ein wenig an Kölsch, ist aber etwas süsser im Körper und trockener im Abgang. Die süsse kommt von Brasilianischen Bio Honig der während des Brauvorgangs zugeführt wird. Es ist ein Modernes Ale für den Massenmarkt, aber durchaus Wert zu probieren.
  • Fuller’s India Pale Ale: 5.3% ABV. Wurde 2009 für verschiedene Export Märkte an den Start gebracht. Ist stark mit Goldings gehopft, neben Fuggles einer der beiden Traditions Hopfen in England. Hat eine hohe drinkability haut einen aber jetzt auch nicht unbedingt vom Sitz, bzw. die „West Coast“ varianten oder besser gesagt „American IPA“ sind mir da Lieber.
  • London Porter: meiner Meinung nach Fuller‘s bestes. Das Idealbild eines Porters. So muss ein klassisches Porter sein. Meines Wissens nach auch das höchst bewertete Bier von Fuller bei Ratebeer. Hat international diverse Preise abgegriffen. Die für Porter typischen Schokoladennoten kommen sowohl beim Aroma, als auch beim Geschmack raus. 5.4% ABV und mit Fuggles gehopft. Nach BJCP 2008 ein Brown Porter, nach der neuen 2015er Version ein English Porter. Wer wissen will wie ein klassisches Porter schmecken soll, muss sich das reinpfeifen!
  • Fuller’s Old Winter Ale: ist ein Amber farbenes English Strong Ale mit 5.3% ABV und ziemlich Neu. süsslich/nussiger Geschmack, mit Hopfen Sorten Challanger und Northdown gemacht. Unheimlich süffig! Hab es im Rahmen dieses Blogs erstmalig probiert und hab mir gleich danach einen kleinen Vorrat in den Keller gelegt
  • Fullers London Black Cab Stout: klassisches Stout mit 4.5% ABV. Im Geruch und Geschmack ist Espresso sowie starke Röstaromen wahrnehmbar. Ausserdem ist es recht trocken im Abgang. Nach dem BJCP Style guide2008 würde man es als dry Stout einstufen, in der 2015 wäre es wohl ein Irish Stout, (auch wenn’s aus London kommt;-)
  • Fuller’s Wild River: ist ein doppelt gehopftes pale Ale und wird daher stilistisch als American Pale Ale bezeichnet. Es hat 4.5% ABV und wird mit Liberty, Willamate, Casude und Chinook gehopft. Mir persönlich nicht ausgewogen genug da bitter überwiegt. Es fehlt die typische Fruchtigkeit, die man bei West Coast Pale Ales findet.

Alles in allem handwerklich sehr gut gemachte Biere aus einer Traditionsbrauerei in London. Für mich als Style Freak ist Fuller natürlich Gold wert, da Sie etliche typische Vertreter für klassische britische Bier Stile im Sortiment hat, die sich zur Schulung bestens eignen. Es ist jetzt nicht so das die Brauerei super innovative Biere macht oder nie gekannte Geschmacks Explosionen generiert, aber da die Biere international gerne mal in Pubs ausgeschenkt werden, sind sie immer schon eine Alternative zu Einheitslagern von Heineken und Co. Gewesen.
In diesem Sinne

Euer hophead