Im Zeitalter
der weltweiten Bierrevolution gehört es mittlerweile zum guten Ton, das in
jeder mitteleuropäischen Grossstadt ein eigenes Craft Beer Festival stattfindet.
In Metros gibt es mittlerweile durchaus auch schon mehrere Veranstaltungen und diese werden auch z.T. schon nach Sparten
getrennt. In mittleren Grossstädten (+/- 200 000) geht der Trend zu Festivals
mit primärem Fokus auf regionale Craft Brauer. Ich habe in den letzten Jahren
ein paar besucht und die waren auch alle nett (also besser als Industrie Plörre
auf nem Oktoberfest zu saufen), allerdings hat mich keins vom Sitz gerissen
oder besser gesagt, ich bin nicht auf richtig grossartige Biere gestossen.
Neulich war ich aber auf dem Craftival in Freiburg und da war es anders!
Konzept war wie immer, mit dem Eintritt erwirbt man ein Verkostungsglas und an
den einzelnen Ständen konnte man dann entscheiden ob man 0.1 l für 1 Euro oder
0.3 l für 3 Euro haben wollte. Als erstes hab ich dann mal einen Rundgang gemacht um zu checken, welche Brauer so da waren, um mir dann ne Strategie
zu Recht zu legen. Das Problem bei solchen Veranstaltungen ist, dass so viele
verschieden Biere angeboten werden. Wenn man die alle probieren würde, wäre man
irgendwann so strack, das nix mehr geht (ok, man is so oder so irgendwann strack,
wenn man zu solchen Veranstaltungen geht). Also muss man vorher überlegen, was
will ich bzw. was will ich nicht. Ich persönlich mache ehr einen Bogen um die
typischen deutschen (Lager) Braustile. Die kann man ja jederzeit und überall
haben. Ausserdem sehe ich nicht ein, warum ich den dreifachen Preis für ein
Pilsner eines regionalen Craft Brauers zahlen soll, wenn ich für ein gleichwertiges Bier bei einem
mittelständischen deutschen Traditionsbrauer bekommen kann. Der andere Punkt
ist, wenn man sich mit profanem Lager Pisse zu säuft, könnte man die wirklichen
Perlen verpassen, weil nix mehr rein passt.
Nachdem ich
mir also ein Bild gemacht hatte, fiel meine erste Wahl auf die Familienbrauerei
Bauhöfer. Typische deutsche regionale Traditionsbrauerei mit deutschen
Lagerstilen, aber Handwerklich grossartig gemacht. Im Prinzip ein Craft Brauer,
allerdings zu marktüblichen Preisen (ca. 80 Cent der halbe Liter) und eben
fokussiert auf die üblichen Verdächtigen (Pils, Export, Zwickel, Saisonale
Böcke und Weizen, welches allerdings zugekauft wird). Also nix mit 3 Euro für
ne Flasche Lager. Ich kenne die Brauerei bereits einige Jahre und finde Ihr
Pilsner ist der Ideale vertretener der BJCP Kategorie „German Style Pilsener“.
Dachte also, das wäre der ideale Gaumenöffner bevor man zu stark gehopften Ales
übergeht. Leider hatten Sie es gar nicht dabei aber was dann kam, entschädigte
entsprechend: „Schwarzwaldmarie“, ein hopfengestopftes Lager das jetzt im September
auf den Markt gekommen ist. Sau gut! Vor allem da der Laden-Endpreis bei ca. 1 Euro
liegt (und wieder der Verweis auf die modernen Craftbrauer, die mindestens 3
Euro verlangen würden). Das war also eine Offenbarung und dazu kam dann noch,
das die ganzen „Bauhöfer’s“ die da waren echt ne geile Truppe sind und das
austauschen wirklich spass gemacht hat. Nach der Schwarzwaldmarie gabs dann
noch den ersten Eisbock, ebenfalls aussergewöhnlich, dazu aber später mehr…
…Ich zog
dann weiter und hatte noch das ein oder andere nette Bierchen, die jetzt aber
nicht sonderlich erwähnenswert waren bis ich zu „Emma, Biere ohne Bart“ und
Ihrem „Kuckucks Rot“. Der Name (Biere ohne Bart) beruht auf der Tatsache, dass
es sich um eine Brauerin handelt. Im Gespräch liess sie verlauten, dass sie
eigentlich nie wirklich Bier trank. 2012 aber in USA durch kaltgehopfte Ales
inspiriert wurde, selber Bier zu machen, weil es sowas geiles in Deutschland
nicht wirklich gab. Also begann sie mit Kochtopf und Eimer zu Hause zu brauen
und „Kuckucks Rot“ hat sie als „Gipsy Brewer“ bei Rogg in Lenzkirch im
Schwarzwald in einer 2500 Liter Auflage gemacht. Es ist eine Hopfengestopftes Amber/Red
Ale. Geiler Scheiss. Sehr rund, hohe drinkability, usw. Denke, da wird man noch
von hören.
Danach gabs
dann mal ein Wasser und ein Brisket Burger (auch geil). Nach der Neutralisation
der Geschmacksknospen gings zum Decker Stand (eigentlich auch der Organisator
von „Craftival"). Die Decker Garage in Freiburg ist jetzt kein Kraftbrauer
im eigentlichen Sinne, sondern mehr ein „Abfüller und Vermarkter“. D.h., sie
Sammeln Biere von kleinen regionalen „Home“ Brauern ein, füllen diese ab und
verkaufen sie und dem „Decker“ Label. Ist eigentlich nix dabei was man haben
muss (bzw. in aller Regel einfach überteuert). Das Aushängeschild von Decker
ist das Decker ØL, ein hopfengestopftes Lager Bier. Meiner Meinung nach in der
Flaschenabfüllung völlig überkarbonisiert und mit 3 Euro die Flasche viel zu
Teuer. Wenn man das mit der bereits oben erwähnten „Schwarzwaldmarie“ der
Brauerei Bauhöfer vergleicht verdeutlicht es die Problematik die sich im Moment
im europäischen Craft Bier Markt breit macht: beiden liegt im Prinzip der
gleiche Stil zu Grunde, allerdings ist das Bauhöfer nicht nur um Welten besser,
es kostet auch nur ein Drittel als das von Decker. Decker verkörpert ehr diese
Marketing Geschichte die mittlerweile auch Teil der Craft Brau Szene ist:
Coole, Tätowierte, vollbärtige Männer und Stories rund ums Bier…Das hat
Bauhöfer nicht, aber die verstehen ihr Handwerk…habe dann noch der Vollständigkeit
halber das Decker ØL vom Fass verkostet, war sicher besser als das was ich mal
vor Monaten aus der Flasche hatte aber wenn man es nicht probiert, hat man auch
nix verpasst.
Danach
gings dann zum Freiburger Braukollektiv. Vier Bier Geeks, die vor ein paar
Jahren als Heimbrauer angefangen haben und dann auch als Gypsy Brauer bei Rogg
in Lenzkirch gelandet sind. Ihr Erstlingswerk, das Dolly ist ein IPA im
Westcoast style und meiner Meinung nach eines der Besten in Deutschland
gemachten IPA’s. Mittlerweile ist das Portfolio recht umfassend. Horst, ein
hopfengestopftes Brown Ale (auch sehr gut), Moe, ein Summer Ale sowie die Ziggy
Serie (Pale Ale). Da wird beim gleichen Grund Sud jedes Mal anders gehopft.
Zwei Versionen sind bereits erschienen (beide super). Bin gespannt was da noch
kommt. Und ganz neu: „Ferien Lager“. Das erste Lager des Braukollektivs. Sicher
auch gut gemacht aber auch hier wieder: würd ich jetzt nicht 2.59 Euro im Laden
für bezahlen, das kann man günstiger vom deutschen Traditionsbrauer aus der
Region haben. Im Gespräch wurde dann auch klar, dass das Bier mittlerweile so
gut läuft, das sie durchaus Interesse an einer Braustätte hätten, die grössere
Kapazitäten per Sud machen kann. Ich glaube, vom Braukollektiv werden wir
ebenfalls noch einiges geboten bekommen. (Achja, auch noch erwähnenswert: ganz
Sympathische Jungs. Craft Brauer ohne diesen Tattoo- Piersing- Vollbart
scheiss).
Zum
Abschluss gings dann wieder zum Bauhöfer Stand. Die hatten Meiner Meinung nach das
Highlight des Events geliefert: einen Eisbock. Als Grundlage dient ein
Hopfengestopftes, untergäriges Bockbier dem später durch einfrieren Wasser
entzogen wird und somit ein Eisbock draus wird. Der Stoff hat in der 2015er Version
am World Beer Award Gold in der Kategorie „Strong Lager“ erhalten und trägt
somit den Titel „World’s best strong lager“. Das Zeug is aber auch echt der
Hammer (ok, kostet auch fast 30 Euro die 0.75l Flasche, is aber auch echt krass
gut!) Sie hatten es auch noch als Whisky Barrel Edition da, gereift im Whisky
Fass. Das ist mir persönlich dann aber to much. Es fand sich dann eine lustige
Runde an dem Stand ein, u.a. diverse Brauer und weitere Bier Geeks. Wir haben
uns dann alle zusammen noch weiter durchs Portfolio von Bauhöfer gesoffen und Fachgesimpelt
(sofern das noch möglich war, mittleiweile hatten alle schon mächtig einen im
Kahn). Auch der Whisky den Bauhöfer macht floss gut (auch nicht schlecht) und
so klang der Event gut langsam aus.
Auf dem
Craftival kam ich dann final zu der Erkenntnis, das sich mittlerweile was getan
hat! Vor ein paar Jahren war das Angebot von aussergewöhnlichen Kreativ Bieren
in Deutschland noch recht überschaubar, aber wenn man jetzt sieht was allein
regional schon am Start ist, ist die Revolution auch endlich in Zentral Europa
angekommen. Da freu ich mich auf die nächsten Jahre und was so passieren wird.
In diesem
Sinne
Euer
hophead