Neulich bin
ich mal wieder auf einen online Bier Händler gestossen, welchen ich noch nicht
kannte: „bierselect.de“. Beim durchstöbern des Shops fand ich dann auch diverse
deutsche als Craft Biere (und auch Craft Brauereien) bezeichnete, die ich noch
gar nicht kannte. Momentan boomt die Craft Bier Szene in Deutschland so, das
gefühlt täglich neue Brauereien und Biere auf den Markt kommen. Ich habe mir dann mal so meine Gedanken über
die Unterschiedlichen Ansätze gemacht und kommt dabei auf folgende Kategorien
unter den Brauern:
- Der Freak: hat nur ein Ziel, ein absolut geiles Bier zu brauen, unabhängig wie vielen es neben ihm noch schmeckt. Im Zweifelsfall ist er bereit einen Sud auch allein zu saufen oder wenn er ihm nicht schmeckt komplett in Ausguss zu lassen. Er gibt einen verdammten schiss auf irgendwelche Konventionen…er will nur geiles Bier machen!
- Der Unternehmensberater: hat zwar Leidenschaft für geiles Bier, denkt aber da nicht Bedingungslos. Er will Geld verdienen. Von dem her ist er bereit zu investieren, sowohl in die Produktion als auch ins Marketing. Damit sich sein Stoff verkauft, geht er auch gerne Kompromisse ein um eine breitere Masse an Käufern zu akquirieren (und Geld zu verdienen)
- Der deutsche Traditionsbrauer / Lokalbrauer: hat den Preiskampf im deutschen Biermarkt der letzten 20 Jahre durch gute Produkte, harte Arbeit und regionale Verbundenheit überlebt (oder zumindest weil er regional genügend Gastronomen mit Verträgen knebelte ;-). Hat vielleicht schon immer Interesse gehabt, mal was anderes zu machen, konnte/wollte aber kein Risiko eingehen und sieht jetzt aber die Chance in einem neuen Markt und mischt daher ebenfalls irgendwie mit, indem er neben seinen Standard Sorten „Pils“, „Export“, „Helles“, „Dunkles“ und „Weizen“ auch mal ein IPA oder Stout macht.
- Der Konzern: hat geschnallt das neben dem Markt für Industrie Pisse plötzlich eine neuer aufkeimt. Aus Angst, im Erfolgsfalle nicht dabei zu sein, falls da mal Geld zu verdienen ist, wird jetzt mitgemischt. Ausserdem sehen sie das grosse Potential das man mit einer Flasche Bier drei oder mehr Euro Umsatz im Einzelhandel machen kann, also eine Traummarge pro Flasche. Was Solls, für die Bekanntmachung neuer Bierstile (in Deutschland kennt man ja traditionell nur Lager und Weizen, vielleicht noch Kölsch und Altbier) ist es ja förderlich, bei deren Marktmacht und Marketing Budgets. Irgendwie mischen Sie heute alle schon mit: die Radeberger Gruppe mit Braufactum, Anheuser InBev mit Beck’s Pale Ale usw., Bitburger mit Craftwerk, Warsteiner hat auch schon was am Start und Carlsberg vertreibt u.a. Brooklyn Brewery. Nur um mal ein paar Beispiele zu nennen.
Grundsätzlich
ist mir eigentlich Jacke wer das Bier gebraut hat. Mich interessieren zwei
Kriterien: der Geschmack und das
Preis/Leistung Verhältnis. Und da sind wir am Punkt: beides variiert momentan extrem
und man muss höllisch aufpassen das man sich nicht irgend einen total
überteuerten Scheiss andrehen lässt. So ein typisches Beispiel finde ich hier
zu Lande immer wieder im Lager Bereich: habe jetzt des Öfteren Pilsner von
kleinen Kraft Brauern gehabt, die zwar sehr gut gemacht waren, allerdings
erschliesst es sich mir nicht ganz, warum ich für die dann drei Euro pro
Flasche bezahlen soll, wenn eine lokale Traditionsbrauerei, deren Bier ich über
den örtlichen Einzelhandel beziehen kann, ein mindestens genauso gutes Pilsner
macht, das aber nur 80 Cent kostet. Also immer Augen auf beim Eier kauf.
Zurück zu
dem entdeckten Online Händler. Ich habe mir 26 Biere, die ich noch nie zuvor
getrunken habe ausgewählt und Bestellt. Dann
hab ich die alle verkostet. Drei waren eine Offenbarung, fünf weitere waren gut
aber man muss die sich jetzt nicht explizit besorgen weil sich der logistische
bzw. Finanzielle Aufwand nicht lohnt. Der Rest war irgendwo von scheisse
langweilig bis Frechheit, so viel Geld
für so einen Mist zu verlangen. O.k.,
über Geschmack lässt sich ja nicht streiten, über Preis / Leistung aber schon.
Nachfolgend die Ergebnisse (es sind nur 25 aufgelistet, das 26. Hab ich nicht
mehr in meinen Notizen gefunden, von dem her geh ich davon aus, das es
unspektakulär war, weil extrem gute wie auch extrem schlechte Biere brennen
sich in mein Hirn…)
Die
Offenbarung:
- Lemke Berlin: India Pale Ale. Der Hammer. Kannte die Brauerei vorher gar nicht obwohl das Brauhaus schon seit 1999 in Berlin existiert. Habe dann gesehen, dass die einen eigenen Webshop haben und natürlich gleich mal bestellt. Das Bier ist äusserst facettenreich aber harmonisch abgestimmt. Eines der besten IPA’s aus Deutschland die ich je hatte!
- Lemke Berlin: 030 Berlin Pale Ale: auch ein Hammer. Frucht, Süsse und Bitter sind sehr ausgewogen. Ist ideal zum zechen (nur 5% ABV). Ist eigentlich eine Schande das die seit 1999 existieren und ich lerne sie erst 2016 kennen. Klare Sache, kauf ich wieder!
- Brewbaker: Berlin IPA. Auch geil! Kannte die Brauerei auch nicht und sie kommt auch aus Berlin und ist seit 2005 am Start. (Ich glaube ich sollte mal wieder nach Berlin reisen)
Die Guten
(aber es ist nicht wert sich für deren Beschaffung ein Bein rauszureissen)
- Brewbaker: Bellvue Pils.. Sehr gut gemachtes Pilsner, gibt’s nix zu rütteln. Allerdings ist das so ein Beispiel: das für 2.29 Euro zu kaufen lohnt nicht, da viele alteingesessene lokale Brauereien so was an den Start bringen, allerdings für unter einen Euro die Flasche.
- Giesinger : Wheat Stout. Sehr gut gemachtes dry Stout. Aber sicher keine 2.99 Euro wert…
- Brauerei Zwönitz: India Pale Ale. Schmeckt ausgewogen. Kann man nicht meckern und durchaus mal 2,39 Euro für hinblättern.
- Distelhäuser Brauwerkstatt: Lucky Hop IPA. Auch gut, ist die 2,59 Euro sicher wert.
- Distelhäuser Brauwerkstatt: Loch Ness / classic Stout. Kaffee trifft Zartbitterschokolade. Sehr gutes Dry Stout, 2.59 Euro sind gerechtfertigt.
Von den
Langweilenden bis zu den Frechheiten: Wenn man die nachfolgenden aufgelisteten
nicht probiert hat, hat man nichts verpasst. Einige sind noch ganz gut trinkbar
(die „Langweiligen“), andere sind echt übelst (die „Frechheiten“). Ich verzichte hier
mal auf eine Einzel Beurteilung. Was alle gemeinsam habe? Sie sind ihr Geld
nicht wert (nochmals: Geschmack ist individuell, d.h. mir schmecken Sie nicht
bzw. finde ich sie überteuert. Es wird ja wahrscheinlich einen Markt dafür
geben, ich gehöre nicht dazu…). In Klammern habe ich immer den Preis
geschrieben, den Bierselect (der Versender) dafür will.
- Giesinger: Doppel Alt, also eine „Sicke“ (2.99 Euro)
- Giesinger: Baltic Rye Porter (2.99 Euro)
- Hütt Brauerei: Craft Edition Äquator Bier, laut Brauerei ein IPA (2.49 Euro)
- Bier Fabrik Berlin: Wedding Pale Ale, soll auch ein IPA sein (2.99 Euro)
- Bier Fabrik Berlin: Pale Ale (2.59 Euro)
- Giesinger Dunkel (2.19 Euro)
- Hopper Bräu: Amerikanischer Traum IPA (2.49 Euro)
- Maisel & Friends Pale Ale (2.09 Euro)
- Klüvers Küstenbier : Röker, ein Rauchbier (1.89)
- Brauerei Zwönitz: Stout (2.39 Euro)
- BRLO Craft Beer: Pale Ale (2.59 Euro)
- Kreativbrauerei Kehrwieder: SHIPA Hallertauer Blanc (IPA) (2.99 Euro)
- Härke Craft Beer: Amber Ale (2.09 Euro)
- Kreativbrauerei Kehrwieder: Prototyp, ist ein „IPL“, also eine hopfengestopftes Lager (2.89 Euro)
- Distelhäuser: Black Pearls Classic Porter (2.59 Euro)
- BRLO Craft Beer: Porter (2.69 Euro)
- Brauerei Zwönitz: Rauchbier (2.39 Euro)
Fazit: Erfahrung
ist wichtig! Es reicht nicht sich irgendwo in eine Brauerei zu stellen und mal
loszulegen. Die beiden Brauer deren Biere hier von mir den Titel „Offenbarung“
erhalten haben sind für deutsche Verhältnisse schon lange im „Craft Bier
Geschäft“: Lemke Berlin (1999) und Brewbaker Berlin (2005). Hinter beiden steht
auch die Kategorie „Freak“ (s.o.). Also, der geilste scheiss kommt von Freaks
mit Erfahrung, mich wundert das nicht.
In diesem
Sinne
Eurer
hophead